Im Krieg eingelagert und doch beschädigt – Restaurierung des Lettners aus dem Hildesheimer Dom
Die Ernst von Siemens Kunststiftung unterstützt die Restaurierung eines der außergewöhnlichsten Kunstzeugnisse des 16. Jahrhunderts in Deutschland: Der ehemalige Lettner des Hildesheimer Doms wurde als eine Stiftung des Domherrn Arnold Freitag um 1546 aufgestellt, zu einem Zeitpunkt als in Hildesheim bereits die Reformation Einzug gehalten hatte. Der Lettner als Ort der Schriftlesung und Predigt reagierte mit seinem Bildprogramm auf die Reformation, indem er neben der Leidensgeschichte Jesu an der Kanzel demonstrativ Christus, die Muttergottes und den hl. Bernward ins Zentrum rückte.
Beauftragt wurde die damals führende Münsteraner Werkstatt der Brüder Johann und Franz Brabender, die auf komplexe Steinarbeiten spezialisiert war und hierfür den unweit von Münster gewonnenen Baumberger Sandstein verwenden konnte. Als einziger nahezu vollständig erhaltener Lettner aus der Brabender Werkstatt gebührt dem Hildesheimer ein besonderer Rang, zumal andere Hauptwerke, wie z. B. der Lettner des Doms in Münster, nur noch fragmentarisch erhalten sind.
Der Hildesheimer Lettner überstand die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, da er im Winter 1942/43 abgebaut und an verschiedenen Orten eingelagert worden war. Die klimatischen Bedingungen waren jedoch schlecht, und darüber hinaus zersprangen mehrere Reliefs auf Grund von Bränden. Im Zuge des Wiederaufbaus wurden die Schäden teils unsachgemäß, teils notdürftig geflickt, als die Anlage in der Antoniuskirche auf der Südseite des Kreuzgangs ihren neuen Standort erhielt.
Die Profanierung der Antoniuskirche im Jahr 2010 und der nachfolgende Umbau für das neue Dommuseum bot die einmalige Möglichkeit, die Originalsubstanz genauer zu untersuchen, problematische Ergänzungen zu entfernen und die Einzelteile nach dem heutigen Stand der Konservierungswissenschaften wieder zusammenzusetzen. Die Anlage wird in den ersten Monaten des Jahres 2015 in einem neuen Anbau des Dommuseums wiedererrichtet und ist ab dem 18. April der Öffentlichkeit zugänglich.
Dr. Gerhard Lutz
Spannender Fund beim Umbau – mittelalterliches Kästchen im Dom-Museum Hildesheim
Die Niedersächsische Sparkassenstiftung unterstützte die Neugestaltung des Dom-Museums Hildesheim zu dessen Wiedereröffnung 2015. Im Zuge der Restaurierungsarbeiten tat sich ein Überraschungsfund auf: Eines der Reliquiare musste geöffnet werden. In dessen Inneren befand sich ein wunderbares mittelalterliches Holzmosaikkästchen, von dessen Existenz bisher niemand etwas geahnt hat.
Es gehört zu einer Objektgruppe, die aufgrund der für den Schließmechanismus verwendeten Metallbeschläge in der Forschung bisher mit dem siculo-arabischen Kunstkreis des 12./13. Jahrhunderts in Verbindung gebracht werden. Doch ist eine genauere Einordnung schwierig, da sich nur vier vergleichbare Kästchen erhalten haben und zwar in den Kirchenschätzen von Gandersheim, Quedlinburg, Halberstadt und Essen. Bereits die Herkunft von vier der mit dem Hildesheimer Neufund fünf bekannten Stücke aus dem sächsischen Bereich legt die Vermutung nahe, dass es sich möglicherweise doch um einheimische Arbeiten handeln könnte. Zumindest ist eine Herkunft aus dem fernen Sizilien nicht eindeutig nachweisbar.
Das Kästchen wurde vom Holzrestaurator des Berliner Kunstgewerbemuseums gereinigt und wird in der neuen Präsentation des Dom-Museums in ganzer Pracht erstrahlen. Lothar Lambacher, stellvertretenden Direktor des Kunstgewerbemuseums, veröffentlichte einen Aufsatz über den Fund, der neue Ansätze für die Einordnung der ganzen Objektgruppe gebracht hat. Also in vielfältiger Hinsicht ein toller Fund.